Die Grundmandatsklausel gilt nach dem Urteil aus Karlsruhe wohl auch bei der nächsten Bundestagswahl. […] Die Reform sieht zudem künftig keine Überhang- und Ausgleichsmandate mehr vor.
Wie passt das zusammen? Was ist denn jetzt, wenn die CSU die meisten bayerischen Direktmandate holt, aber unter 5% bundesweit bleibt? Grundmandatsklausel gilt, also kommt sie rein, keine Überhang- und Ausgleichsmandate mehr, also hat sie dann mehr Stimmgewicht als ihr zusteht, oder wie?
So steht es da.
Man darf vermuten, dass es nochmal geändert wird.
Eine denkbare Auslegung dazwischen fällt mir noch ein. Nämlich, dass sie dann halt ihre Direktmandate erhält, aber nur bis zur Höhe ihres Zweitstimmenanteils, der dann unter 5% wäre.
Das wäre noch schlimmer als die Abschaffung von Direktmandaten - dann hätte man einige Direktmandate, die gelten und andere, die verfallen.
Das ist doch schon ohne das Urteil genau so vorgesehen. So werden sie Ausgleichsmandate los.
Und ich finde es chaotisch. Der Wählerwille wird mal befolgt und mal mißachtet.
Dass hier ein Zielkonflikt besteht, der sich nicht perfekt auflösen lässt, ist dir zwischendurch mal aufgefallen?
Ich finde das Wegfallen der direkten Repräsentanz einzelner Wahlkreise in solchen Fällen jedenfalls weniger schmerzhaft als ein endloses Aufblähen des Parlaments oder ein Verzerren des Zweitstimmenergebnisses.
Und ich finde, der Wähler muss die höchste Instanz in der Demokratie bleiben. Das ist das Allerwichtigste.
Eine absolute Mehrheit in einem Wahlkreis ist ein viel deutlicherer Ausdruck des Wählerwillens als eine Gesamtprozentzahl von ganz Deutschland. Deshalb hat das Zweitstimmenergebnis sich im Konfliktfall an das Erststimmenergebnis anzupassen und nicht umgekehrt.
Ob die Sache dadurch für die Verwaltung leichter oder schwieriger wird (z.B. indem irgendwo Stühle fehlen) das ist nochmal viel viel…viel niedriger zu bewerten als der Wählerwille.
Ich sehe es eher andersherum. ohne direkte Repräsentanz ganzer Wahlkreise verabschiedest du die Leute in wahlkreisstärke aus der Demokratie. Es verletzt zwangsweise die Gleichheit der Wahl, und dann gleich mal von ein paar Hunderttausend Wählerys
Eine einfache Alternative wäre es, wenn man z.B. von 300 Direktwahlkreisen auf 200 runtergeht. Dann hat man deutlich mehr Spielraum mit den Zweitstimmen. Klar sind die Wahlkreisreformen auch ein Brett, aber es ist einfacher insofern, dass eben nicht das Wahlrecht von potentiell Millionen Wählern bei jeder Bundestagswahl verletzt wird.
Ganz ehrlich… Was hat eine regional Partei die nur in einem Bundesland zur Wahl steht im Bundestag verloren? Wenn sie so sehr darauf aus sind im Bundestag zu sein sollen sie auch bundesweit antreten. Aber das wär ja für die CXU Parteien Konkurrenz und so zu bescheißen ist denen ja nur Recht…
Das kapiere ich auch nicht bei der Argumentation des Gerichts. Die Partei tritt freiwillig in 15 Bundesländern nicht an und sieht sich nun im bundesweiten Parlament benachteiligt? Was könnte man da bloß dagegen tun? Aber dann wäre es ja keine Truppe für bayerische Partikularinteressen mehr, Gott bewahre!
Es ist das gesamtdeutsche Parlament und demnach sollte es gesamtdeutschen Interessen und Parteien vorbehalten sein.
Ich finde auch, dass man für die Zweitstimmen einen bundesweiten Antritt voraussetzen sollte. Zumindest wenn die Partei bereits einmal im Bundestag war. Dann können kleinere Parteien noch hineinwachsen.
Das regionale Interessen im Bundestag vertreten sein sollen, wurde bewusst so mit der Aufteilung in Erst- und Zweitstimme im Grundgesetz verankert. Und da ist die Idealvorstellung Hälfte Direktkandidaten und Hälfte Parteilisten.
Das ging auch so lange ganz gut, wie der Bundestag nur aus SPD und CDU/CSU und ein bisschen FDP bestand.
und ein bisschen FDP
Zumindest in dem Punkt hat sich ja nicht viel verändert… ;)
regional Partei die nur in einem Bundesland zur Wahl steht
Das mit “nur 1 Bundesland” beruht ja auf einer langjährigen Gebietsschutz-Vereinbarung zwischen den C-Parteien. Es ist nicht so, dass die CSU immer klein bleiben will :-) und wenn die Idee der Ampel hier durchkommt, kann man sich schon vorstellen, dass die CSU die Vereinbarung vielleicht bald in Frage stellen wird.
Ich hadere immer noch generell mit der 5%-Hürde. Ich sehe keinen Grund, warum einige Wählerstimmen dann plötzlich nichts mehr wert sein soll und die Wähler nicht mehr im Parlament vertreten sein sollten. Wenn eine Partei genügend Stimmen für einen Abgeordneten zusammen hat, warum denn nicht?
Das Parlament ist ja eh schon “zersplittert” genug und ist auch mit 5%-Hürde parteientechnisch in den letzten Jahrzehnten deutlich gewachsen. In den 80ern saßen da nur CDU/CSU/SPD/FDP, jetzt haben wir zusätzlich noch die Grünen, die AfD und die Linkspartei, welche sich zusätzlich diese Legislaturperiode in zwei Parteien aufgespalten hat. Und dann gibt es noch die Sonderregelung mit der SSW, die auch ohne 5%-Hürde in den Bundestag darf und dann gibt es immer wieder Fälle, in denen Bundestagsabgeordnete in kleinere Parteien weit unterhalb der Hürde beitreten.
Das macht dann alles die Hürde arg absurd - wir können also Szenarien denken, wo die eine Partei mit 30 Stimmen an der 5% Hürde scheitert, eine andere mit 30 Stimmen knapp drüber ist. Die eine zieht ins Parlament ein, spaltet sich dann aber direkt aufgrund von Streitigkeiten in 2 Parteien.
Die einzige sinnvolle Lösung meiner Meinung nach wäre es, dass die Hürde insgesamt fällt. Dann sitzen zwar kleinere Parteien im Parlament, aber wirklich schaden tun die nicht. Die stören nicht wirklich die Handlungsfähigkeit des Parlaments (das macht halt eher der große koalitionsunfähige Nazi-Block) und sie können gezielt Oppositionsarbeit machen. Dann sitzt halt einer der Tierschutzpartei im Parlament und stellt Anfragen zu Tierschutzthemen. Oder einer der Piraten vertritt das Digitale. Das wäre eine echte Bereicherung für die Demokratie.
Die einzige sinnvolle Lösung meiner Meinung nach wäre es, dass die Hürde insgesamt fällt.
Ich fände ranked-choice voting (Präferenzwahl) eine sinnvolle Lösung bei der man eine % Hürde beibehalten könnte.
Sehr gute Entscheidung meiner Meinung nach. Insbesondere die Kritik an der 5%-Hürde in der Form.
Tja.
Wenn man Gesetze erst beschließt und verkündet, bevor man ihre Vereinbarkeit mit dem GG prüft, dann geschehen manchmal Dinge…
Auch wenn man insgesamt das Gefühl bekommt, die Bundesregierung renne zuletzt häufiger sehenden Auges in ein Urteil des BVerfG: Diese Fragestellung hatte aus meiner Sicht keine vorab klare Antwort.
Ist jetzt nicht so, dass das gesamte Gesetz gekippt wurde oder es schon einen Gerichtsentscheid gab, den man ignoriert hat (hust Maut hust) Überhang- und Ausgleichsmandate sind Geschichte, die Inflation des Bundestages endlich mal gestoppt. Dass Direktmandate nicht direkt in die Tonne gekloppt werden, halte ich für eine sinnvolle Korrektur.
Ich bin auf den offiziellen Spruch mit Erklärung in einer Stunde gespannt. Dann werden wir alle nochmal schlauer sein.